Selbsthilfe Gruppen Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung

Schön, dass du da bist! Wir sind eine Gruppe (mittlerweile ein Verbund von Gruppen) von Menschen, die sich gegenseitig unterstützen auf dem oft schwierigen und komplexen Weg der Heilung einer KPTBS.

Wir haben verschiedene Gruppen: Online Gruppen, eine Berlin-Gruppe, zwei Lesegruppen, eine Nervensystem-Regulations-Übungs-Gruppe und ein Gruppe in Gründung; KPTBS SHG für Umweltschutz-Interessierte/Aktivisti. Die Gruppengröße ist jeweils 4-8 Teilnehmende. Die Berlin-Gruppe trifft sich in Moabit, alle anderen Gruppen finden Online statt.

Uns ist ein achtsamer, wertschätzender und rücksichtsvoller Umgang miteinander wichtig. Wir bieten einen sicheren Raum für alles Schwere, aber immer mit dem Ziel uns auf dem Heilungsweg zu unterstützen. Wir treffen uns anonym und alles Gesagte bleibt vertraulich. Die technische Basis für unseren sicheren Raum bildet freie, quelloffene und ende-zu-ende-verschlüsselte Software. Psychische Sicherheit schenken wir und gemeinsam, durch aktives Praktizieren unserer Gruppenregeln.

Für die Teilnahme ist Therapieerfahrung sehr hilfreich, die Gruppe ist kein Ersatz für eine Therapie. Die Teilnahme ist nur möglich wenn du die Gruppenregeln einhältst (siehe unten) und ausreichend stabilisiert bist.

Bei Interesse wende dich an [email protected] und wir freuen uns darauf dich kennen zu lernen.

Übersicht

Terminkalender

Gruppen-Regeln

Alle Teilnehmende verpflichtet sich zur Einhaltung unserer Regeln um ein gutes Miteinander zu ermöglichen:

  1. Gesunder Menschenverstand: Alle Regeln folgen aus dem Ziel ein unterstützendes Miteinander zu gestalten, Regeln können niemals vollständig oder 100% eindeutig sein.
  2. Eigenverantwortung: Du übernimmst die Verantwortung, für dich, deine Gefühle, Grenzen und Handlungen. Du achtest auf deine Bedürfnisse und kommunizierst sie achtsam mit uns.
  3. Es gelten die üblichen Gesprächsregeln: Ausreden lassen, respektvoll und achtsam miteinander reden.
  4. Alles was in der Gruppe besprochen wird, ist vertraulich und verlässt nicht den Gruppenrahmen. Anonymität: Wir sprechen uns mit Vornamen an.
  5. Störungen haben Vorrang: Wer besonders betroffen auf Gesagtes reagiert, unterbricht den aktuellen Sprecher und teilt dies mit. Wir reden nicht über Traumainhalte, und vermeiden Schilderungen jeglicher Form von Gewalt.
  6. Wir tolerieren keine Intoleranz, sowie jegliche Formen von Gewalt und Aggression (Beleidigungen, Diskriminierung, Anschreien etc.).
  7. Jedes Mitglied spricht von sich, vermeide Verallgemeinerungen und gruppenbezogene Beschreibungen. Wir geben keine Ratschläge, bewerten nicht und therapieren uns nicht gegenseitig.
  8. Die Teilnahme am Termin unter Einfluss (und der Konsum währenddessen) legaler oder illegaler Drogen ist ausgeschlossen.
  9. Es ist der Gruppe nicht möglich die Verantwortung für Teilnehmer in einer akuten Krise zu tragen. Hierfür müssen sich Betroffene an Therapeuten, Ärzte, Krisentelefone usw. wenden. Weiter unten sind Hilfsangebote aufgelistet. Die Aufnahme und die Teilnahme bei aktiven Suizdgedanken ist nicht möglich.
  10. Alle Mitglieder sind Teil der Gruppe aufgrund eigener Betroffenheit. Es gibt keine Leitung. Die Moderation erfolgt durch erfahrene Gruppenmitglieder und wir streben an, dass jede*r zu jedem Zeitunkt die Verantwortung der Moderation übernimmt.
  11. Religion und Politik haben bei unseren Gesprächen kein Platz. Damit ist in erster Linie „missionieren“ gemeint, darüber zu reden wie einen persönlich das kollektive Wegschauen der Gesellschaft in Bezug auf Umweltzerstörung belastet ist Weltgeschehen und nicht Politik, die Empfehlung eine bestimmte Partei zu wählen schon.
  12. Querdenker, Verschwörungstheoretiker, Fanatiker und Extremisten sind bei uns nicht willkommen. Wir bevorzugen wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse. Fakten und Meinungen sind voneinander zu unterscheiden.
  13. Bei Online-Gruppen/Treffen sind die Kameras immer an, die Mikrofone nur beim Sprechen.
  14. Gruppen mit weniger als 8 Personen sind offen für neue Teilnehmende, bei größeren Gruppen wird abgestimmt.
  15. Wer kein Teil der Gruppe mehr sein möchte, oder mehr als drei Treffen abwesend sein wird, teilt dies der Gruppe persönlich mit.

Ablauf der Treffen

Wir beginnen pünktlich. Den konkreten Ablauf entscheiden wir gemeinsam in jeder Gruppe individuell. Bewährt hat sich, dass wir uns 5 Minuten (Bewegungs-) Meditation oder unterschiedliche Regulationsübungen zum Ankommen nehmen, um etwas Distanz zum möglichen stressigen Alltag davor zu gewinnen. Danach bekommt jede*r bis zu 15 Minuten Aufmerksamkeit geschenkt, die sie oder er frei nutzen kann: Z.B. Teilen was passiert ist, Fragen stellen, ein Thema besprechen oder eine Übung machen. Alternativ wählen wir ein Thema welches wir gemeinsam in der Gruppe besprechen.

Ablauf der Lesegruppen

Bei allen Selbsthilfegruppen geht es darum uns auf unserem Heilungsweg zu unterstützen. Bei der Lesegruppe beginnen mit einer kurzen Blitzlichtrunde und einer Zusammenfassung der letzten Woche. Danach lesen wir einen Absatz/halbe Seite eines Trauma-Buchs vor, und stellen dann im Gespräch den Bezug zu uns her: Was sind unsere Erfahrungen dazu, was macht das Gelesene mit uns, wir können wir das Gelesene auf unserem Heilungsweg anwenden, etc. Diese beiden Schritte wiederholen wir dann. Aus Erfahrung ist der Redeanteil deutlich größer als der Leseanteil. Das Ziel ist nicht schnell und viel zu lesen, sondern möglichst viel für uns daraus mitzunehmen. Es gibt keine Hausaufgaben, und mal nicht dabei sein oder in der Mitte eines Buchs einzusteigen ist kein Problem, da es um die Inhalte, Themen und uns geht und nicht um die Struktur des Buchs.

Bücher, die wir zur Zeit erarbeiten:

Ablauf der Übungsgruppe

Nach einer kurzen Blitzlichtrunde stellt eine Person, die für den Termin eine Übung mitgebracht hat die Übung kurz vor, und dann praktzieren wir die Übung gemeinsam, sei es direkt angeleitet von der Person, oder durch ein Audio oder Video oder Text. Danach reflektieren wir, wie wir die Übung erlebt haben. “Übung” kann dabei wirklich alles sein, es geht um ein Erleben im Moment, oder ein Reflektieren. Der Hauptfokus ist auf Nerven-System-Regulation, aber alles mit KPTBS Bezug ist möglich. Wir werden keine Exposition machen, aber so wie auch bei allen anderen Gruppen, im Alltag, kann auch mal was “hochkommen”, zum einen wirst du damit nicht allein gelassen, dafür ist die Gruppe ja da, und zum anderen kannst du jederzeit eine Pause machen und auch eine Übung nicht mitmachen. Du solltest Lust auf Experimentieren mitbringen und zumindest nach einer Kennenlernphase gewillt sein auch Übungen zu recherchieren und mit einzubringen.

KPTBS Diagnose

Die komplexe Possttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) wird im ICD-11 erstmals als eigenständige Diagnose definiert (6B41). Die englische Bezeichnung lautet Complex post-traumatic stress disorder (CPTSD). Die erste Fassung des ICD-11 wurde 2011 verfasst, die finale in 2018. Das WHO, welches die ICD (International Classification of Diseases) veröffentlicht, empfiehlt den ICD-11 anzuwenden seit 2019. In Deutschland ist der ICD-11 seit 1.1.2022 rechtsgültig. Leider werden noch viele Jahre vergehen, bis der ICD-11 und damit die KPTBS den Therapeutinnen, Psychiaterinnen, Ärztinnen und Krankenkassen bekannt ist und diagnostiziert wird. Gründe dafür sind, dass (Stand 2024) der ICD-11 noch nicht in der Lehre und Ausbildung angekommen ist, nur wenige Spezialistinnen sich eigenständig diesbezügich weiterbilden, Kassensysteme noch nicht auf ICD-11 aktualisiert sind, und es keine Frist gibt, bis zu welcher der ICD-11 verpflichtend ist. Daher bleibt es auf absehbare Zeit in den meisten Fällen beim – aus wissenschaftlicher Perspektive veralteten – ICD-10 und damit bei häufigen Fehldiagnosen.

Dies ist dramatisch, weil eine falsche Diagnose eine erfolgreiche Behandlung deutlich unwahrscheinlicher macht.

Zur Zeit (2024) stoßen die meisten Betroffenen noch durch Zufall (durch Bücher, Videos, Artikel usw.) auf die Diagnose, und aus den o.g. Gründen ist es schwierig eine reliable Diagnostik einer Ärztin oder Psychologin zu erhalten. Generell ist von Dr. Google abzuraten, und eine zuverlässige Diagnose ist auch Online noch nicht möglich. Aber sich bei Verdacht auf eine KPTBS, mit der Thematik und den Diagnosekriterien außeinanderzusetzen, kann hilfreich sein um die Motivation aufzubringen geschultes Fachpersonal zu suchen. Viel Glück bei der Suche, du wirst es brauchen.

Hier nun die ICD-11 KPTBS Diagnosekriterien. Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (Komplexe PTBS) ist eine Störung, die sich entwickeln kann, nachdem man einem Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen extrem bedrohlicher oder schrecklicher Natur ausgesetzt war, meist lang anhaltende oder sich wiederholende Ereignisse, denen man nur schwer oder gar nicht entkommen kann (z. B. Folter, Sklaverei, Völkermordkampagnen, lang anhaltende häusliche Gewalt, wiederholter sexueller oder körperlicher Missbrauch in der Kindheit, emotionale oder körperliche Vernachlässigung, psychische Gewalt). Alle diagnostischen Voraussetzungen für eine PTBS sind erfüllt. Darüber hinaus ist die komplexe PTBS gekennzeichnet durch schwere und anhaltende 1) Probleme bei der Affektregulierung; 2) Überzeugungen über die eigene Person als vermindert, besiegt oder wertlos, begleitet von Scham-, Schuld- oder Versagensgefühlen im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis; und 3) Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich Anderen nahe zu fühlen. Diese Symptome führen zu erheblichen Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

Die Kriterien für eine PTBS müssen also erfüllt sein, allerdings ist die Herausforderung bei der Diagnose, dass sich KPTBS und PTBS in den Symptomen teilweise deutlich unterscheiden, und die PTBS daher nicht erkannt wird.

Die PTBS Diagnosekriterien nach ICD-11 (6B40): Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann sich entwickeln, wenn man einem extrem bedrohlichen oder entsetzlichen Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen ausgesetzt war. Sie ist durch alle der folgenden Punkte gekennzeichnet: 1) Wiedererleben des traumatischen Ereignisses oder der traumatischen Ereignisse in der Gegenwart in Form von lebhaften aufdringlichen Erinnerungen, Rückblenden oder Albträumen. Das Wiedererleben kann über eine oder mehrere Sinnesmodalitäten erfolgen und wird typischerweise von starken oder überwältigenden Emotionen, insbesondere Angst oder Entsetzen, und starken körperlichen Empfindungen begleitet; 2) Vermeidung von Gedanken und Erinnerungen an das Ereignis bzw. die Ereignisse oder Vermeidung von Aktivitäten, Situationen oder Personen, die an das Ereignis bzw. die Ereignisse erinnern; und 3) anhaltende Wahrnehmung einer erhöhten aktuellen Bedrohung, die sich z. B. durch Hypervigilanz oder eine verstärkte Schreckreaktion auf Reize wie unerwartete Geräusche zeigt. Die Symptome halten mindestens mehrere Wochen lang an und verursachen erhebliche Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

Allgemeines zu Selbsthilfe

Was ist Selbsthilfe?

Das Eigene im Anderen wiederfinden, Eigeninitiative und Selbstbestimmung

Das Wesen der Selbsthilfe ist die wechselseitige Hilfe auf der Basis gleicher Betroffenheit. Selbsthilfe bedeutet, die eigenen Probleme und deren Lösung selbst in die Hand zu nehmen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv zu werden.

In Selbsthilfegruppen finden sich Menschen, die ein gemeinsames Thema verbindet, die unter der gleichen Krankheit, Behinderung oder seelischen Konfliktsituation leiden. Auch Angehörige von Betroffenen organisieren sich in Selbsthilfegruppen.

Selbsthilfegruppen und -organisationen sind auch Foren, in denen sich Kranke, Patienten, Nutzer und Nutzerinnen von gesundheitlichen Einrichtungen das Wissen und die Kompetenz aneignen, die sie brauchen, um ihre Krankheit besser bewältigen zu können, aber auch, um sich als ‘Verbraucher’ im Versorgungsmarkt ‘Gesundheit’ besser behaupten zu können. Sie heben die Vereinzelung der Patienten gegenüber den Anbietern und Kostenträgern partiell auf. In Selbsthilfeinitiativen organisieren sich kranke Menschen ihre eigenen Lobbystrukturen.

Gruppen und Organisationen z.B. von chronisch kranken Menschen sind daher inzwischen akzeptierte und gefragte Partner professioneller Versorgung im Gesundheitswesen. Sie erbringen wichtige ergänzende Leistungen, bzw. sie tragen einen Teil der Information, Hilfe, Betreuung und Gesundheitsförderung, den der institutionelle und professionelle Sektor nicht übernehmen will und kann.

Selbsthilfegruppen

sind Gesprächskreise einer überschaubaren Anzahl von Personen

  • arbeiten selbstbestimmt, d.h. die Inhalte und Arbeitsweisen der Gruppe werden von den Mitgliedern bestimmt
  • verlangen von ihren Mitgliedern eine aktive und kontinuierliche Mitarbeit
  • werden in der Regel nicht von professionellen Helfern geleitet
  • treffen sich regelmäßig zu festgelegten Terminen (z.B. wöchentlich, 14-tägig oder einmal im Monat)

In gemeinsamen Gesprächen bei den regelmäßigen Gruppentreffen

  • erfahren die Einzelnen Entlastung und Unterstützung durch die anderen Mitglieder und
  • sehen sie, dass sie mit ihrem Problem nicht allein sind
  • lernen sie, ihre Schwierigkeiten zu erkennen, mit ihnen umzugehen bzw. sie zu bewältigen
  • im Mittelpunkt der Gruppenarbeit steht der gemeinsame Erfahrungs- und Informationsaustausch

In gesundheits- bzw. krankheitsbezogenen Selbsthilfegruppen informieren sich die Mitglieder gegenseitig, z.B. über Behandlungsmöglichkeiten ihrer Erkrankung, Medikamente und Nebenwirkungen oder auch zu Fragen des Schwerbehindertenrechts oder der Pflege- und Krankenversicherung.

Selbsthilfegruppen sind freiwillige Zusammenschlüsse von Menschen, deren Aktivitäten sich in erster Linie an den Wünschen und Bedürfnissen der Gruppenmitglieder orientieren. Im Mittelpunkt steht die Bewältigung des gemeinsamen Problems in der Gruppe. Obwohl diese Unterstützung eine eher nach innen orientierte Hilfe ist, helfen sich die Mitglieder damit nicht nur selbst, sondern im Austausch auch gegenseitig den anderen.

Wie wirken Selbsthilfegruppen?

Durch das Miteinander in einer Selbsthilfegruppe können soziale, psychische und/oder krankheitsbedingte Belastungen leichter bewältigt werden. Das Wesen der Selbsthilfe ist das „Sich-Wiederfinden-im Anderen“ und damit vor allem das Gemeinschaftliche.

Mitglieder von Selbsthilfegruppen können:

  • sich auf gleicher Augenhöhe begegnen und austauschen
  • sich gegenseitig bei der Bewältigung ihrer Schwierigkeiten unterstützen
  • neue Kenntnisse über die persönliche Problemsituation erwerben
  • andere Umgangsformen mit dem Problem entwickeln
  • soziale Isolierungen und Ängste abbauen
  • gemeinsame Aktivitäten unternehmen
  • einen selbstsicheren Umgang mit Professionellen (z.B. mit Ärzten) erlernen
  • neue Lebensinhalte und Perspektiven entwickeln und
  • gemeinsame Anliegen und Interessen besser benennen und vertreten
  • sich gegenseitig ermutigen, ihre Rechte einzufordern.

Viele Mitglieder von Selbsthilfegruppen haben die Erfahrung gemacht, dass sie mit Belastungen besser fertig werden. Häufig gehen sie selbständiger und selbstbewusster als andere Menschen in vergleichbaren Situationen mit ihren Problemen um.

Was können Selbsthilfegruppen nicht leisten?

Selbsthilfegruppen sind Unterstützungsformen von Laien für Laien. Sie sind deswegen nicht für Menschen in akuten Krisen geeignet, die in der Regel fachliche und kompetente Hilfe brauchen.

Positive Effekte der Gruppenarbeit stellen sich nicht von heute auf morgen ein. Es dauert seine Zeit, bis durch die eigene aktive Mitarbeit in der Selbsthilfegruppe positive Veränderungen spürbar werden. Diese Zeit haben Menschen in einer akuten Krise nicht. Außerdem könnten akute Krisenzustände Einzelner die Gruppe überfordern.

Selbsthilfegruppen können eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung nicht ersetzen, sie können sie aber sinnvoll ergänzen oder unterstützen.

Es ist wichtig, dass die Mitglieder kontinuierlich und aktiv am Gruppenprozess mitarbeiten. Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse, bei denen Betroffene Erfahrungen einholen und Material erbeten können. Sie sind aber meist völlig überfordert, wenn sie ausschließlich als Auskunfts- und Hilfeinstanz in Anspruch genommen werden. Die Gruppen können nur funktionieren, wenn es zu einem wechselseitigen Geben und Nehmen kommt.

Selbsthilfegruppen entstehen aus einem selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Engagement Betroffener bzw. Angehöriger. Die Motivation hierzu ist in dem Wunsch begründet, an der eigenen Situation etwas zu verändern und Erfahrungen mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Probleme haben. Mitglieder von Selbsthilfegruppen verständigen sich auf der Ebene gleicher Betroffenheit und ermöglichen so ein authentisches wechselseitiges Verstehen. Professionellen Helfern ist dies in der Regel so nicht möglich.

Daher sind Selbsthilfe-Initiativen eine wesentliche Ergänzung professioneller Hilfen. Sie gleichen vor allem psychosoziale Defizite aus.

KPTBS Selbsthilfe

Mögliche Themen

Reparenting, emotionale Vernachlässigung, Dissoziation, Expositionstechniken, Psychosomatik, Kindheitstrauma, Bindungstrauma, Selbstmitgefühl, Therapieerfahrung, Übertragungsdynamiken, Körperwahrnehmung, Verletzlichkeit, Transgenerationale Traumata, Achtsamkeit, Stabilisierungstechniken, Grenzen setzen, Resilienz, Schuldgefühle, Vertrauen, Schlafstörungen und Albträume, Verlust, Ressourcen, Lebenssinn, Täterintrojekte, Flashbacks, Scham, Fehldiagnosen, Innerer Kritiker, Somatic Experiencing, Emotionale Intelligenz, Trauer, NARM, Dankbarkeit, Skills, EMDR, Selbstwert, Mitgefühl, Inneres Kind, Beziehungsheilung, soziale Ängste, Polyvagaltheorie, Co-Abhängigkeit, Trigger, Depression, Perfektionismus, Trauerarbeit, Wut, Weinen, Introspektion, Empathie, Wieder-Erleben, Vermeidung, Hypervigilanz, Affektregulation, Selbstwertgefühl, Nähe, Neurogenes Zittern

Herausforderungen bei KPTBS Selbsthilfegruppen

  • Trigger: Gruppenmitglieder können durch das Teilen von Erfahrungen unabsichtlich Trigger auslösen, was zu emotionaler Überlastung führen kann.

  • Gruppendynamik: Konflikte zwischen Gruppenmitgliedern können sich negativ auf das Gruppenklima auswirken. Machtungleichgewichte können entstehen, etwa wenn ein Mitglied dominant auftritt oder die Gruppe unbewusst steuert.

  • Grenzsetzung: Schwierigkeiten bei der Einhaltung persönlicher Grenzen können auftreten, insbesondere wenn Teilnehmende aufgrund früherer Traumata Schwierigkeiten haben, diese zu erkennen und durchzusetzen.

  • Uneinheitliche Heilung: Fortschritte bei der Bewältigung von Traumata sind sehr individuell und nicht linear, was zu Neid oder Frustration bei Teilnehmenden führen kann, die den Eindruck haben, dass andere schneller Fortschritte machen.

  • Emotionale Intensität: Die Natur der Erörterung von Traumata kann zu emotional sehr aufgeladener Atmosphäre führen, die für manche Teilnehmende schwer zu handhaben ist.

  • Fluktuation der Teilnehmenden: Veränderungen in der Zusammensetzung der Gruppe können die Stabilität und das Gefühl von Sicherheit beeinträchtigen.

  • Grenzen der Gruppentherapie: Selbsthilfegruppen ersetzen keine professionelle Traumatherapie, was zu unrealistischen Erwartungen an die Heilungskraft der Gruppe führen kann.

  • Unklarer Weg: Meist ist es unklar welche Ansätze hilfreich sind und welche nicht, ein fortwährendes Ausprobieren ist häufig sehr frustrierend. Auch die Teilnahme an der Gruppe kann immer wieder frustrierend sein.

  • Mangel an Verantwortungsübernahme: Die Gruppe kann nur so gut für einen selbst werden, wie sehr man es schafft sich und seine Themen in die Gruppe einzubringen. Das braucht viel Mut.

  • Unsicherheit in zwischenmenschlichen Beziehungen: Aufgrund von Bindungstrauma ist es für Betroffene schwierig sein, anderen zu vertrauen und sichere zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen.

  • Angst vor Nähe und gleichzeitiger Verlassenheit: Konflikte zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und der Angst davor, verletzt oder verlassen zu werden, können die Teilnahme an der Gruppe beeinträchtigen.

  • Regulierung von Nähe und Distanz: Das Finden eines angemessenen Maßes an Nähe und Distanz in der Gruppe kann für Menschen mit Bindungstrauma besonders herausfordernd sein.

  • Schwankendes Selbstbild: Gefühle der Minderwertigkeit und Scham können dazu führen, dass eigene Bedürfnisse und Meinungen nicht offen in der Gruppe kommuniziert werden.

  • Projektion und Übertragung: Betroffene können frühere negative Beziehungserfahrungen auf andere Gruppenmitglieder oder die Gruppe als Ganzes projizieren.

  • Kontrollbedürfnis: Einige Personen mit Bindungstrauma entwickeln als Bewältigungsstrategie ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle, was Konflikte in der Gruppe auslösen kann.

  • Dissoziative Episoden: In Folge von Bindungstrauma können Betroffene dissoziieren, vor allem wenn sie durch die Gruppe oder das Thema getriggert werden.

  • Abruptes Verlassen der Gruppe: Furcht vor Konfrontation oder tiefes Misstrauen können dazu führen, dass Mitglieder mit Bindungstrauma die Gruppe plötzlich und ohne Erklärung verlassen. Der Kontaktabbruch ist häufig für die verbleibenden Gruppenmitglieder triggernd.

  • Parallele Dynamiken zu früheren Beziehungserfahrungen: Die selbstorganisierte Struktur von Selbsthilfegruppen kann Beziehungsmuster aus der Kindheit von Menschen mit Bindungstrauma widerspiegeln, was zu wiederholenden Dynamiken führen kann.

  • Rollenverhalten in der Gruppe: Mitglieder mit Bindungstrauma könnten dazu neigen, extreme Rollen einzunehmen, wie etwa ständiges Geben und Helfen oder sich passiv zu verhalten und Hilfe zu erwarten.

Chancen bei KPTBS Selbsthilfegruppen

Wen die vielen Herausforderungen nicht abschreckt, bzw. gewillt ist, sich den Herausforderungen proaktiv zu stellen, wird mit der Chance belohnt signifikante Schritte in Richtung Heilung der KPTBS zu machen. Nach aktuellem Forschungsstand können Bindungstrauma praktisch nur durch korrigierende Beziehungserfahrungen geheilt werden. Einen sicheren Ort, mit vollstem Verständnis für die Erkrankung, achtsamem und wertschätzendem Umgang, der erlaubt bewertungsfrei sich in neuen sozialen Verhaltensweisen auszuprobieren und korrigierende Erfahrungen mit Mitmenschen zu machen, existiert quasi nirgendwo anders. In der Theorie könnten das auch Trauma-Therapie-Gruppen bieten, diese existieren leider nur bislang nicht.

  • Validierung komplexer Traumaerfahrungen: Selbsthilfegruppen für KPTBS bieten eine Plattform, auf der die Komplexität und Langzeitwirkung von Traumata anerkannt und verstanden werden, was in allgemeinen therapeutischen Settings nicht immer gegeben ist.

  • Bearbeitung von Scham- und Schuldgefühlen: In einer vertrauensvollen Gruppenatmosphäre können tiefsitzende Gefühle von Scham und Schuld, die häufig mit KPTBS einhergehen, geteilt und durch das Verständnis und die Akzeptanz der Gruppe allmählich abgebaut werden.

  • Förderung der Identitätsentwicklung: Menschen mit KPTBS kämpfen oft mit dem Aufbau einer kohärenten Identität. Die Selbsthilfegruppe kann ein Spiegel sein, in dem sie Aspekte ihres wahren Selbst erkennen und weiterentwickeln können.

  • Stabilisierung von Emotionen: Die Gruppe kann Strategien zur Emotionsregulation vermitteln und einüben, die besonders auf die Schwankungen bei KPTBS zugeschnitten sind.

  • Aufarbeitung von Bindungstraumata: Durch die gemeinsame Arbeit in einer sicheren Umgebung können Mitglieder neue Bindungserfahrungen machen und lernen, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, was ihren Bindungsstil positiv beeinflussen kann.

  • Erkennen von Auslösern und Umgang mit Dissoziation: Mitglieder können lernen, frühzeitig ihre individuellen Trigger zu erkennen und effektive Strategien zur Dissoziationsbewältigung zu entwickeln.

  • Ressourcenorientierung und Resilienz: Selbsthilfegruppen betonen häufig die individuellen Stärken und Ressourcen jedes Mitglieds und fördern so die Resilienz gegenüber stressauslösenden Faktoren.

  • Förderung einer Routine in „sicheren“ sozialen Interaktionen: Die Regelmäßigkeit der Gruppentreffen kann einen festen Anker in der Woche darstellen und Teilnehmern dabei helfen, Struktur in ihren Alltag zu bringen und „sichere“ soziale Kontakte zu pflegen.

  • Etablierung interpersoneller Grenzen: In der Gruppe können Mechanismen des Grenzensetzens erlernt und eingeübt werden, welche die Achtsamkeit gegenüber den eigenen Bedürfnissen und Grenzen stärkt.

  • Hilfe beim Umgang mit alltäglichen Herausforderungen: Der Austausch mit anderen Betroffenen bietet konkrete Tipps und Hilfestellungen für die Bewältigung von Alltagsproblemen, die aufgrund der KPTBS-Symptomatik erschwert sind.

  • Aufbau eines vertieften Verständnisses für die eigenen Reaktionsmuster: Da KPTBS häufig mit anhaltenden und komplexen Reaktionsmustern einhergeht, kann die Gruppe helfen, diese Muster zu erkennen und anzugehen.

  • Sammlung positiver Erfahrungen: Durch die Bestätigung und Anerkennung der Gruppe können Teilnehmende positive Beziehungserfahrungen sammeln, was besonders bei KPTBS-Betroffenen mit frühkindlichen Traumata wichtig ist.

  • Reflexion und Neubewertung des Bindungsverhaltens: Die Gruppenarbeit kann dazu beitragen, das eigene Bindungsverhalten zu reflektieren und zu verstehen. Teilnehmer lernen, wie frühe Prägungen ihr aktuelles Beziehungsverhalten beeinflussen.

  • Modellieren von gesunden Beziehungen: Gruppenmitglieder können durch die Interaktionen mit anderen lernen, was gesunde Beziehungen ausmacht und wie man diese aufbaut und pflegt.

  • Entwicklung von Vertrauen und Sicherheit: Durch das regelmäßige Gruppentreffen und die Zuverlässigkeit anderer Mitglieder werden Erwartungen an Konsistenz und Verlässlichkeit neu geformt, was den Teilnehmern hilft, Vertrauen in Beziehungen zu festigen.

  • Erkennen von Coping-Mechanismen: Mitglieder können in der Gruppe Identifikation und Verständnis für ihre eigenen Abwehrhaltungen und Coping-Strategien entwickeln, die sich aus dem Bindungstrauma ergeben haben.

  • Verbesserung der Intersubjektivität: Die Fähigkeit, die Perspektiven und Gefühle anderer zu verstehen und darauf einzugehen, kann durch den Austausch und das Feedback in der Gruppe verbessert werden.

  • Anerkennung von Bedürfnissen und Wünschen: Das Gruppensetting bietet eine Gelegenheit, eigene Bedürfnisse und Gefühle zu artikulieren und anzuerkennen, was durch ein Leben mit Bindungstrauma unterdrückt wurde.

  • Entwicklung von Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge: Durch den Austausch in der Gruppe können Personen mit Bindungstrauma dazu ermutigt werden, Selbstmitgefühl zu entwickeln und sich selbst die Fürsorge zukommen zu lassen, die sie als Kinder nicht erhalten haben.

  • Feiern von kleinen Fortschritten: Die Anerkennung und Feier kleiner Erfolge und Schritte in der Gruppe kann für das Selbstwertgefühl und die Fortsetzung des Heilungsweges von großer Bedeutung sein.

  • Experimentieren mit neuen Verhaltensweisen: Die Gruppe kann ein sicherer experimenteller Raum sein, in dem Mitglieder neue Verhaltensweisen ausprobieren und deren Auswirkungen erforschen können.

  • Korrektive Erfahrungen: Der Aufbau von verlässlichen, unterstützenden Beziehungen innerhalb der Gruppe kann als korrektive emotionale Erfahrung dienen und den Betroffenen helfen, ihre Fähigkeit zur Bindung zu stärken und zu heilen.

  • Heilung durch Kohärenz: Die Gruppenumgebung ermöglicht das Teilen von Lebensgeschichten, was helfen kann, eine kohärente Lebensgeschichte zu entwickeln – ein wichtiger Schritt in der Heilung von Entwicklungstrauma.

  • Entwicklung eines körperlichen Bewusstseins: Oft sind Entwicklungstraumata mit einer Entfremdung vom eigenen Körper verbunden. Selbsthilfegruppen können Techniken wie Achtsamkeit und körperorientierte Praktiken fördern, die das Körperbewusstsein stärken.

  • Aufbau von Ich-Stärke: Teilnehmer können lernen, ihre inneren Ressourcen zu aktivieren und zu stärken, was die psychische Widerstandsfähigkeit erhöht.

  • Entwicklung und Übung interpersoneller Fähigkeiten: Die Gruppe bietet einen Rahmen, um zwischenmenschliche Fähigkeiten wie Vertrauensaufbau, Konfliktlösung und empathische Kommunikation zu erlernen und zu stärken.

  • Revision internalisierter Überzeugungen: Mitglieder können im Spiegel der Gruppe dysfunktionale Überzeugungen und Selbstbilder, die durch das Entwicklungstrauma geprägt wurden, hinterfragen und revidieren.

  • Schaffen von Sicherheitsgefühlen: Im geschützten Raum der Gruppe können Teilnehmende erleben, dass Sicherheit möglich ist und positive emotionale Erfahrungen gesammelt werden, die das Sicherheitsgefühl im Alltag stärken.

  • Entwicklung emotionaler Resilienz: - Indem in der Gruppe Emotionen geteilt und validiert werden, können Mitglieder ihre emotionale Belastbarkeit verbessern und emotionalen Stress besser bewältigen.

  • Kontakt und Austausch: Die Interaktion und das Engagement mit anderen, die ähnliche Herausforderungen erlebt haben, können zum Gefühl beitragen, nicht allein zu sein, was ein kraftvolles Gegengewicht zu Gefühlen der Isolation und des Ausgestoßenseins darstellt.

  • Ermutigung zu Selbstfürsorge: Teilnehmer können Techniken erlernen, die dabei helfen, sich um ihre eigene psychische und physische Gesundheit zu kümmern.